Hauptmenü Accesskey 1 Hauptinhalt 2 Footer 3 Suche 4 Impressum 8 Kontakt 9 Startseite 0
Neu Presse TV-Tipps Termine
© Queer Communications GmbH
https://queer.de/?16809
  • 28. Juni 2012 162 5 Min.

Volker Beck (Grüne) lieferte sich einen Schlagabtausch mit Michael Kauch

Der Bundestag hat am Donnerstag Anträge von SPD und Grünen zur Öffnung der Ehe für gleich­geschlechtliche Paare und zur kompletten Gleichstellung der Homo-Ehe abgelehnt.

Von Norbert Blech

Erst am vergangenen Samstag war die Parade des Berliner CSD direkt am Bundestag vorbeigezogen. Im Zug vertreten: Die Wagen aller Parteien. Da sollte doch wohl eine Abstimmung über Anträge von SPD und Grünen, die Ehe für schwule und lesbische Paare zu öffnen, um endlich und simpel und ein für alle Mal die Diskriminierung dieser Paare zu beenden, eine Mehrheit finden?

Union und FDP stimmten allerdings beinahe geschlossen gegen die Anträge. Das war einerseits keine große Überraschung; Die FDP hält seit Jahren zu ihrer Koalition mit dem homophoben Partner und stimmt regelmäßig gegen homofreundliche Gesetze. Andererseits war eine Enttäuschung: Gemäß der Parteiprogramme gibt es im Bundestag längst eine Mehrheit für die Öffnung der Ehe. So nutzte die Opposition die Debatte, um die Regierung vorzuführen; die Grünen verlangten eine namentliche Abstimmung bei dem Entwurf zur Ehe-Öffnung sowie zu einem zusätzlichen Entschließungsantrag, der statt der Ehe-Öffnung eine völlige Gleichstellung der Lebenspartnerschaft als Forderung an die Regierung vorsieht - um es den Abgeordneten nicht durchgehen zu lassen, aus Bedenken über eine Verfassungsmäßigkeit der Ehe-Öffnung eine Gleichstellung allgemein abzulehnen.

Tom und Peter weiterhin diskriminiert


Engagiert nicht nur für Homo-Rechte: Barbara Höll (Linke)

"Wer zweimal mit 'Nein' stimmt, will homo­sexuellen Bürgern Respekt versagen", sagte so auch Volker Beck, der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen. Es sei der Tag, an dem sich die Kanzlerin und die schwarz-gelbe Koalition "ans Herz fassen sollten", wie es etwa der britische Premierminister David Cameron gemacht habe. Der hatte seinen Einsatz für die Ehe-Öffnung mit konservativen Werten begründet. Auch habe Guido Westerwelle per Twitter verlauten lassen: "It's okay to marry gay." Für eine Gleichstellung gebe es eine Mehrheit im Bundestag wie in der Bevölkerung.

Das Parlament sollte nicht länger auf das Bundes­verfassungs­gericht warten, so Beck: "Der Bundestag ist nicht Notar, wir sind Gesetzgeber!" Es gebe keine verfassungsrechtliche Grundlage mehr für eine Benachteiligung, sagte auch die SPD-Abgeordnete Sonja Steffen, die die Benachteiligungen praktisch an Bespielen von "Tom und Peter" und "Petra und Paula" erörterte. Für die Linke warb Barbara Höll für ein "Ja" bei beiden Anträgen (die Partei war bereits früher mit einem entsprechenden Vorstoß gescheitert) - und zugleich für eine spätere Debatte über den Sinn des Steuersplittings, der Staat sollte eher Kinder unterstützen. Die Regierung müsse aufhören, in einer "Tippel-Tappel-Tour" dem Bundes­verfassungs­gericht hinterherzuschreiten.

Für die Union sprach der bislang kaum bekannte CSU-Abgeordnete Thomas Silberhorn (worauf der schwule SPD-Abgeordnete Johannes Kahrs später ätzte, die Fraktion habe wohl Schwierigkeiten gehabt, einen Redner zu finden; nur jemand aus Bayern mit sicherem Wahlkreis könne noch "ungestraft einen solchen Unsinn" erzählen). Silberhorn sagte, man achte zwar "alle Lebensentwürfe des respektvollen Zusammenlebens" und trete für Personen ein, die füreinander einstehen. Eine Gleichstellung von Ehe und Lebenspartnerschaft sei aber "mit uns nicht zu machen". Man habe sich im Koalitionsvertrag verpflichtet, einige Benachteiligungen abzubauen und habe dies teilweise erledigt, ansonsten gelte es, Entscheidungen des Bundes­verfassungs­gerichts abzuwarten. Es gebe aber keine Zweifel: Die Väter des Grundgesetzes hätten eine Ehe als Verbindung von Mann und Frau vorgesehen, die die "Keimzelle der Familie" sei und "Förderung durch den Staat und die Rechtsordnung" brauche. Wo es Handlungsbedarf gebe, "sind wir aufgeschlossen", so der CSU-Politiker. "Eine völlige Gleichstellung oder Öffnung lehnen wir aber ab." Das sei "keine Geringschätzung anderer Paare".

Diskussion im "Haufen"


Michael Kauch (FDP) kam in Erklärungsnot und schlug auf die Grünen ein, ihr Gesetzentwurf sei "schlampig"

Man gehe derzeit den "Weg der schrittweisen Angleichung", sagte der FDP-Abgeordnete Stephan Thomae, gerade die Koalition habe in den letzten Jahren einiges erreicht und werde "auf offene Punkte hinarbeiten", darunter das Adoptionsrecht und Steuerbenachteiligungen. Der schwule Abgeordnete Michael Kauch gab sich sowohl krawallig als auch produktiv: "Die FDP tritt für die Ehe-Öffnung ein", begann er etwa überraschend seine Rede - um dann den Gesetzentwurf der Grünen zur Ehe-Öffnung abzulehnen. Kauch begründete dies mit vermeintlichen Fehler im Gesetzentwurf, die erst später korrigiert worden seien (was von Volker Beck zurückgewiesen wurde). Auch die Frage, ob eine Ehe-Öffnung nicht doch eine Verfassungsänderung benötige, müsse zunächst geprüft werden, wie ja auch ein grünes Mitglied im Rechtsausschuss glaube.

Zugleich forderte Kauch die Union deutlich auf, den Koalitionsvertrag umzusetzen, der eine Gleich­behandlung auch im Steuerrecht vorsieht - daher werde er auch für den Antrag der Grünen stimmen, der die Bundes­regierung zur Gleichstellung von Lebenspartnerschaft und Homo-Ehe auffordert. Eine "rot-grüne Schaufensterpolitik" gehe aber an der Realität vorbei, auch die Grünen hätten einst aufgrund des Koalitionspartners SPD gegen ein Adoptionsrecht gestimmt. Volker Beck antwortete darauf, Kauch solle einfach "klipp und klar" sagen, dass es mit Schwarz-Gelb keine Gleichstellung gebe. Er bezeichnete die Unionsfraktion dabei als "Haufen", was Kauch zurückwies: Man müsse auch abweichende Meinungen akzeptieren. Zum Schluß fragte Johannes Kahrs rhetorisch, wie groß denn diese Ablehnung durch die Mitglieder der Koalitionsfraktionen wohl wirklich noch im Tiefsten des Herzens sei?

Anträge abgelehnt

Am Ergebnis der Abstimmung lässt sich das nicht ablesen. Für den Antrag zur Ehe-Öffnung stimmten 260 von 581 Abgeordneten, 309 dagegen, 12 enthielten sich. Beim Entschließungsantrag zur Gleichstellung stimmten 266 dafür, 309 dagegen, 9 enthielten sich. Die Namensliste liegt noch nicht vor. Im Vorfeld hatten bereits der Familienausschuss, der Finanzausschuss und der Rechtsausschuss eine Ablehnung der Anträge empfohlen. Die Union gab laut Bundestagsdokument als Begründung an, "dass zweifelhaft sei, ob eine 'Volladoption' dem Kindeswohl zuträglich sei, weshalb sie eine Angleichung im Adoptionsrecht ablehne".

Bereits vor wenigen Wochen hatte der Bundestag - schriftlich - über LGBT-Rechte diskutiert, über einen Antrag der Linken (PDF, S. 178 ff.) für einen besseren Schutz von aufgrund ihrer sexuellen Orientierung verfolgten Flüchtlingen. Damals antwortete Hartfrid Wolff (FDP) darauf mit Linken-Bashing und dem Satz: "Die Linken zitieren in ihrem Antrag nicht zu Unrecht die deutsche Rechtsprechung. So habe das Bundes­verfassungs­gericht festgestellt, das Asylrecht habe nicht die Aufgabe, möglicherweise gewandelte moralische Anschauungen in der Bundesrepublik über homo­sexuelles Verhalten in anderen Staaten durchzusetzen." Der FDP-Wagen beim CSD stand übrigens unter dem Motto "Freiheit ist Liebe".

#1 InsiderAnonym
  • 28.06.2012, 18:22h

  • Unerträglich tendenziöse Berichterstattung.
  • Direktlink »
#2 erererEhemaliges Profil
  • 28.06.2012, 18:23h
  • Ja, dann warten wir also brav auf den Beschluss aus Karlsruhe. Und was eigentlich wird das andern, wenn fur cdu/csu im Bereich der LGBT-Rechten nur die Beschlusse aus dem kleinsten Staat der Welt zahlen? Und einem der einflussreichsten, zweifellos.
  • Direktlink »
#3 JoelAnonym

Kommentieren nicht mehr möglich
nach oben
Debatte bei Facebook

Newsletter
  • Unsere Newsletter halten Dich täglich oder wöchentlich über die Nachrichten aus der queeren Welt auf dem Laufenden.
    Email: