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  • 09. Oktober 2014 29 3 Min.

LGBT-Aktivisten hatten am Donnerstag vor dem Parlament Estlands Blumen abgelegt und an Abgeordnete verteilt

Das neue Institut steht homo- wie heterosexuellen Paaren offen und bietet ihnen eine rechtliche Absicherung und finanzielle Vorteile.

Das Parlament Estlands hat am Donnerstag in dritter und letzter Lesung der Einführung von einer Art Eingetragenen Lebenspartnerschaft zugestimmt, die homo- wie heterosexuellen Paaren offen steht. 40 Abgeordnete stimmten für die Vorlage, 38 stimmten dagegen und zehn enthielten sich. 13 Abgeordnete waren nicht erschienen.

Estland ist damit (neben Ungarn, Tschechien und Slowenien) einer von wenigen Staaten des ehemaligen Ostblocks und die erste ehemalige Sowjetrepublik, die homosexuelle Paare rechtlich anerkent. Das Gesetz geht zurück auf eine Initiative der Reform-Partei unter dem erst 35-jährigen Premier Taavi Roivas, der sich viele Abgeordnete der Sozialdemokraten und der Partei der Mitte angeschlossen hatten.

Die Konservativen waren allerdings gegen das Vorhaben; sie scheiterten am Mittwoch mit einem Antrag, das Volk in einem Referendum über die Frage abstimmen zu lassen.

Das Gesetz, das 2016 in Kraft tritt, schafft die Möglichkeit für Paare, sich rechtlich abzusichern, etwa in Eigentums- und Erbschaftsfragen, und finanzielle Vorteile wie bei Eheleuten zu erhalten; laut einigen Meldungen umfasst es auch das Recht auf Stiefkindadoption. Ein entsprechender Vertrag wird vor einem Notar geschlossen und die erfolgte Vereinigung ins Eheregister eingetragen. Mindestens einer der Partner muss die estnische Staatsbürgerschaft besitzen, beide dürfen nicht verheiratet sein.

Reform vor Putins Tür


Der estnische Premier Taavi Roivas will ein modernes und tolerantes Land anführen

"Die Verabschiedung des Gesetzes sendet ein starkes Signal für Gleichberechtigung und Menschenrechte nicht nur an die Menschen in Estland, sondern an die gesamte Region", sagte Kari Käsper vom Estonian Human Rights Centre.

Der estnische Filmregisseur Peeter Rebane erinnerte daran, dass die Hauptstadt Tallinn nur drei Stunden von der russischen Grenze entfernt liegt: "Wir sind äußerst glücklich, dass Estland den Mut hatte, Putin zu trotzen und eine Führungsrolle in dieser Frage zu übernehmen, in dem es akzeptiert, dass gleichgeschlechte Paare das grundlegende Recht haben, als Familie anerkannt zu werden".

Parlamentssprecher Eike Nestor sagte, Estland brauche "das Gesetz nicht um zu zeigen: Schaut auf uns, wir sind keine Sowiets mehr. Estland braucht das Gesetz, so dass jeder, der hier lebt, vernünftige Vereinbarungen für seine Partnerschaft treffen kann, anstatt mit dem Wissen zu leben, dass ihr Minderheitenstatus sie marginalisiert oder in gewisser Weise gegenüber anderen abwertet."

Der sozialdemokratische Präsident des Landes, Toomas Hendrik Ilves, hatte bereits zur Eröffnung des Parlaments gesagt: "Estland muss ein tolerantes und liberales Land sein, in dem es Respekt für Grundrechte und der Gleichheit vor dem Gesetz gibt. Daher bin ich zufrieden, dass der Entwurf, der die Rechte gleich­geschlechtlicher Paare garantiert, nun endlich vor Ihnen liegt."

Abstimmung von Protesten begleitet


Protest am Sonntag gegen die Reform

Vor dem Parlament hatte es am Mittwoch und Donnerstag vereinzelte Proteste von Gegnern des Gesetzes gegeben, zugleich hatten LGBT-Aktivisten vor der engültigen Abstimmung Blumen vor dem Parlament abgelegt und an Abgeordnete verteilt.

Bereits am Sonntag hatte es eine größere Demonstration von Gleichstellungsgegnern in Tallinn gegeben, mit mehreren tausend Teilnehmern. Viele trugen Banner oder T-Shirts der französischen Begewung "Manif Pour Tous". Auch US-Evangelikale hatten zusammen mit russischen Aktivisten gegen das Gesetz Front gemacht, etwa durch Massen-E-Mails. Umfragen hatten ergeben, dass eine knappe Mehrheit der Bevölkerung das Gesetz ablehnt; vor allem russischsprachige Einwohner hatten sich deutlich dagegen ausgesprochen.

In Estland ist homo­sexueller Geschlechtsverkehr seit 1992 legalisiert, seit 2001 mit dem gleichen Schutzalter wie bei Heterosexuellen. Zwischen 2004 und 2008 wurden diverse Anti­diskriminierungs­gesetze geschaffen, die auch LGBT ausdrücklich schützen; das Merkmal sexuelle Orientierung ist auch Teil eines Gesetzes gegen Volks­verhetzung. Schwule und Lesben dürfen im Militär dienen, Personen ihr Geschlecht offiziell ändern. (nb)

#1 Just meAnonym
  • 09.10.2014, 11:27h
  • "Estland muss ein tolerantes und liberales Land sein, in dem es Respekt für Grundrechte und der Gleichheit vor dem Gesetz gibt."

    Gleichgeschlechtliche Paare zu 'tolerieren', hat nicht viel mit Respekt zu tun, sondern sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Wer Toleranz so versteht, erhöht sich noch immer über andere und bestärkt damit gesellschaftliche Hierarchien.
    Sicher ist die Einführung einer ELP schon ein kleiner Schritt nach vorne aber von 'Gleichheit vor dem Gesetz' kann nicht die Rede sein, solange es zwei separate Rechtsinstitute gibt.
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#2 NicoAnonym
  • 09.10.2014, 11:34h
  • Das ist natürlich ein kleiner Fortschritt.

    Aber in Zeiten, wo es anderswo längst über die Eheöffnung geht, hinkt Estland um Jahre hinterher.

    Auch ist es diskriminierend, dass die eingetragene Partnerschaft sowohl homo- wie heterosexuellen Paaren offensteht, während die Ehe weiterhin nur Hetero-Paaren möglich ist.

    Damit sind Schwule und Lesben auch in Estland weiterhin Menschen zweiter Klasse. Und der Wirtschaft schadet Diskriminierung auch.

    Aber es ist auf jeden Fall ein erster Schritt, dem aber noch viele weitere folgen müssen.
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#3 goddamn liberalAnonym
  • 09.10.2014, 11:42h
  • Antwort auf #1 von Just me
  • Klar.

    Aber es ist schon ein Fortschritt in dieser Region (Vgl, z. B. die Ukraine oder das stockkatholische Litauen).

    Der mich nicht verwundert.

    Die Esten sind durch ihre dem Finnischen eng verwandte Sprache und ihre evangelische Konfession Skandinavien sehr verbunden. Früher gabs auch mal Schweden im Land.
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