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Offenbar haben immer weniger Deutsche Probleme mit Homosexuellen (Bild: Rog01 / flickr)

  • 22. November 2016, 16:03h 21 3 Min.

Eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung sieht die gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit beim Thema Homosexualität auf dem Rückzug – und widerspricht damit einer Umfrage der Uni Leipzig.

Die am Montag veröffentlichte Studie "Gespaltene Mitte" (PDF) der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung kommt zu dem Ergebnis, dass homophobe Einstellungen in der Bevölkerung in Deutschland abnehmen. Demnach würden 9,7 Prozent der Bevölkerung homosexuelle Menschen abwerten. 2014 waren es noch 11,8 Prozent, 2011 gar 16,4 Prozent. Bei der ersten Erhebung im Jahr 2005 waren 21,6 Prozent gemessen worden.

Die Forscher maßen die Homophobie anhand der Aussagen "Es ist ekelhaft, wenn Homosexuelle sich in der Öffentlichkeit küssen" und "Homosexualität ist unmoralisch". Demnach halten zehn Prozent der Befragten gleichgeschlechtliche Küsse für ekelhaft, weitere sechs Prozent stimmen der Aussage "eher" zu, elf Prozent "eher nicht". Insgesamt 73 Prozent halten gar nichts von dieser Aussage. Die Behauptung, Homosexualität sei unmoralisch, lehnen gar 81 Prozent der Bevölkerung ab. Dagegen stimmen nur sechs Prozent der Aussage "voll und ganz" zu.

Die Zahlen widersprechen fundamental einer Studie der Uni Leipzig in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Böll-Stiftung, der Otto-Brenner-Stiftung und der Rosa-Luxemburg-Stiftung, die im Juni veröffentlicht wurde (queer.de berichtete). Hier wurde ein erheblicher Anstieg der Homosexuellenfeindlichkeit gemessen. Die Daten überschneiden sich übrigens bei den beiden wissenschaftlichen Arbeiten: Bis 2012 greift auch die Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung auf die Leipziger Zahlen zurück, seit 2014 arbeitet sie aber mit der Universität Bielefeld zusammen.

Ältere, Männer und Westler besonders homophob

Laut der neuen Studie ist die Abwertung von Menschen mit homosexueller Orientierung "ebenso wie der klassische Sexismus gegenüber Frauen stabil rückläufig". Ferner heißt es: "Sie ist im Osten geringer als im Westen, eher unter Männern als unter Frauen, deutlich stärker unter den ältesten Befragten und in einkommens- und bildungsschwachen Gruppen sowie unter politisch eher rechten Personen verbreitet."

Erstmals wurde in "Gespaltene Mitte" auch nach der Abwertung von Transmenschen gefragt. Hier liegen die Zahlen ähnlich wie bei Homosexuellen. Die Aussage "Ich finde es albern, wenn ein Mann lieber eine Frau sein will oder umgekehrt" stimmen sieben Prozent "voll und ganz" zu, der Aussage "Transsexuelle und Transgender sollten versuchen, nicht so aufzufallen" elf Prozent. Da dieses Thema erstmals in die Studie aufgenommen wurde, liegen Vergleichszahlen zu Vorjahren nicht vor.

Die Studie hat auch ergeben, dass Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus rückläufig seien. Muslimfeindlichkeit ist den Zahlen zufolge im Vergleich zu 2010 stark zurückgegangen, aber seit 2014 wieder leicht gestiegen. Ein Anstieg wurde auch bei der Abwertung von asylsuchenden Menschen gemessen.

"Es gibt eine breite demokratische Mitte in Deutschland, die für Gleichwertigkeit und Demokratie eintritt und Gewalt ablehnt", heißt es in der Studie. Die Autoren warnen aber auch, dass "eine kleine protestbereite Gruppe" im Land ihr Unwesen treibe, "die in hohem Maße gewaltbereit ist und der Demokratie skeptisch gegenübersteht." Wegen dieser kleinen Gruppe mit hoher Gewaltbereitschaft könne es zu "eskalierenden Konflikten" kommen. Ein Motiv sei eine "empfundene Benachteiligung". Deshalb müssen die politische Bildung "nicht nur am Phänomen 'Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit' ansetzen, sondern auch an den dahinter liegenden sozialen Ängsten". (dk)

#1 PatroklosEhemaliges Profil
  • 22.11.2016, 16:18h
  • Wenn homofeindliche Einstellungen abnehmen ist die Frage, warum homophobe Gewalttaten in ganz Deutschland wieder zunehmen (besonders Berlin)?
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#2 PeerAnonym
  • 22.11.2016, 16:20h
  • Die eine Statistik sagt so; die andere so.

    So oder so ist es wichtig, mehr Aufklärung an Schulen und mehr Sichtbarkeit in Medien zu bringen (und natürlich auch mehr Sichtbarkeit im Alltag, im Beruf, auf der Straße, in der Nachbarschaft, an der Uni, etc.), damit die Akzeptanz Stück für Stück steigt.
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#3 miepmiep
  • 22.11.2016, 17:03h
  • Die Radikalisierung schwindender Minderheiten.

    Einstellungen sind das eine, Handeln das Andere. Die homophoben Übergriffe gehen eben sicher nicht von der Mehrheit der Leute aus, deren Einstellungen sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten deradikalisiert haben. Beide Statistiken widersprechen sich erstmal also keineswegs. Genausowenig spricht gegen diesen demographischen Trend, dass die reaktionäre und klerikalfaschistische Rechte hetzt und mobilisiert wie nie zuvor. Es findet eben eine Polarisierung statt. (Was im Beitrag und von der FES nicht erwähnt wird: Katholische Konfessionszugehörigkeit ist ein signifikanter Prädiktor für die Zustimmung zu homophoben Aussagen bzw. für die Ablehnung der Gleichstellung von Homosexuellen.)

    im Übrigen ist auch in migrantisch geprägten Subpopulationen ein Abschmelzen der Homophobie zu beobachten. Dass sich homophob sozialisierte gewalttätige Jungmänner* mit Migrationsgeschichte durch den Werte- und Strukturkonservatismus ihrer Herkunftsmilieus bestätigt fühlen, ist sicherlich ein Problem. (Fast das Gleiche ließe sich über biodeutsche Homophobe sagen, denen die AfD- und DfA-Hetze zur "Rechtfertigungsideologie" ihrer Taten dienen könnte).
    Ich lese eine Zunahme registrierter Gewalttaten aber nicht als Ausdruck einer Zunahme homophober Einstellungen an sich, sondern als Ausdruck einer Radikalisierung und Abgrenzung einer *spezifischen* Minderheit gegenüber einer Gesellschaft, die ebensolche Leute ins Abseits drängt und ihnen die Integration verweigert. Homosexuelle sind Feindbild, auch weil sie "auffällig" die vermeintlich "dekadenten" Werte einer Gesellschaft verkörpern, in der Muslim*innen als Menschen zweiter oder dritter Klasse gehandelt werden und Integration seit geraumer Zeit fast ausschließlich als Bringschuld von Migrierten gedacht wird, wobei gegenüber Muslim*innen eh der Generalverdacht der Integrationsverweigerung oder des -unvermögens besteht. Oftmals fügen sich "Underdogs" quasi sich - aus Ermangelung an Aolternativen? - in ihre "Underdog"-Rolle ein; sie wirkt individuell und kollektiv Identitätstiftend. Und zur Selbstwertregulation wird dann mit Aversion gegen andere soziale Gruppen (hier: mit heterosexistischer Hassgewalt gegen vermeintlich "unnatürliche" oder "unmoralische" "Minderheiten") reagiert.
    Das ist eine (mögliche) Erklärung, selbstverständlich entschuldigt das nichts.
    Das Ganze ist etwas verkürzt und stark vereinfacht, soll aber darauf hinweisen, dass wir nicht nur Phänomene, sondern viel mehr auch dren vielschichtige Ursachen im Blick behalten müssen.
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