Hauptmenü Accesskey 1 Hauptinhalt 2 Footer 3 Suche 4 Impressum 8 Kontakt 9 Startseite 0
Neu Presse TV-Tipps Termine
© Queer Communications GmbH
https://queer.de/?27769

Abserviert von der eigenen Partei: Nach 23 Jahren muss Volker Beck im kommenden Jahr seinen Sitz im Deutschen Bundestag räumen (Bild: Fabian Stürtz)

  • 10. Dezember 2016, 17:04h 43 3 Min.

Nach seiner Abstrafung durch die NRW-Grünen äußert sich der 55-Jährige erstmals ausführlich zu den Gründen seiner gescheiterten Bundestagskandidatur.

Der grüne Bundestagsabgeordnete Volker Beck hat nach eigenen Angaben damit gerechnet, von den NRW-Grünen nicht erneut als Kandidat aufgestellt zu werden. "Ich hätte natürlich lieber gewonnen, sonst hätte ich ja nicht kandidiert. Ich wusste aber, dass ich nur Außenseiterchancen habe", erklärte der 55-Jährige in einem ausführlichen Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Trotz der Niederlage sei er jedoch mit sich "ziemlich im Reinen".

Beck machte verschiedene Gründe für sein Scheitern verantwortlich: "Diese Drogengeschichte hat mir sicher nicht geholfen. Unzufriedenheit mit dem suboptimalen Wahlkampf 2013 könnte auch eine Rolle gespielt haben", meinte der Kölner Politiker. "Andere nehmen mir bestimmte Standpunkte übel, zum Beispiel dass ich mich für das Recht von Juden und Muslimen auf Beschneidung eingesetzt habe. Wieder andere wollen einfach mal ein neues Gesicht sehen."

Die Pädophilieaktivisten aus den Grünen gedrängt

Ausführlich äußerte sich Beck zu seinem Beitrag in einem pädophilieverherrlichenden Buch aus den Achzigerjahren, der ihn bereits 2013 den Posten des Parlamentarischen Geschäftsführers gekostet hatte (queer.de berichtete). "Ich habe schreckliche Sätze geschrieben, das tut mir aufrichtig leid. Und ich möchte mich bei jedem, der sich verletzt fühlt, entschuldigen", erklärte er im "Spiegel"-Interview. "Ich war es aber eben auch, der mit anderen die Pädophilieaktivisten und ihre Unterstützer in einem harten Kampf aus den Grünen gedrängt und in der Schwulenbewegung politisch marginalisiert hat. Das gehört zur ganzen Wahrheit dazu. Und diese Rolle lasse ich mir nicht nehmen."

Volker Beck wehrte sich darüber hinaus gegen den Vorwurf, ein Moralist zu sein: "Das hat mich in der Berichterstattung über mich wirklich geärgert", sagte er. Er kämpfe für bestimmte Prinzipien, nicht um die Verurteilung anderer: "Ich will vor allem für eine Perspektive der Gleichheit der Verschiedenen und gegen Vorurteile argumentieren und mich nicht über andere moralisch erheben."

Der Grünen-Politiker kündigte an, sich auch nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag "um unsere Anliegen kümmern" zu wollen, seine Energie habe er nicht verloren. "Natürlich fühle ich mich manchmal müde. Dann ziehe ich die Bettdecke über den Kopf und schlafe exzessiv aus. Aber danach schalte ich wieder in den Kampfmodus."

Beck unterlag dem Argrarpolitiker Friedrich Ostendorff

Bei der Landesdelegiertenkonferenz der NRW-Grünen hatte Volker Beck am vergangenen Freitag für den aussichtsreichen Listenplatz zwölf kandidiert, war jedoch dem Argrarpolitiker Friedrich Ostendorff unterlegen (queer.de berichtete). Nicht einmal ein Viertel der Delegierten stimmte für den LGBTI-Aktivisten. Für einen sicheren Listenplatz von Beck hatten sich im Vorfeld zahlreiche Prominente, darunter Manfred Bruns, Georgette Dee, Hella von Sinnen, Günter Wallraff, die ehemalige SPD-Justizministerin Herta Däubler-Gmelin, die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker und der Präsident des Zentralrats der Juden Josef Schuster, starkgemacht.

Die Entscheidung der Ökopartei löste ein vernichtendes Medienecho aus. Sie bestärke diejenigen bei den Grünen, die schon jetzt vor zuviel "politischer Korrektheit" warnen, kommentierte Micha Schulze auf queer.de. Die Partei wolle es für die "kommende Allianz mit der Union etwas schmiegsamer haben", meinte Jan Feddersen in der "taz": "Politische Nervbolzen des Kalibers Becks sind unberechenbar. Das exakt war das Problem. Es ist deprimierend." Auch die "Süddeutsche" wertete die gescheiterte Kandidatur als Symbol für die Entwicklung der Grünen von der Protest- zur Regierungspartei.

Die Entscheidung der NRW-Grünen sei "unerträglich kurzsichtig, unfassbar provinziell und Kopf-Tischplatte-dumm", schrieb Dirk Ludigs in der "Siegessäule": "Am zweiten Dezember haben die Grünen den Faschisten in diesem Land einen erheblichen Gefallen getan". Ihm laufe es kalt den Rücken herunter, meinte Roland Kaufhold im jüdischen Onlinemagazin haGalil.com. Die Grünen hätten bei der Listenaufstellung auch über "ihre eigene Glaubwürdigkeit, ihre Wählbarkeit" entschieden. (cw)

Wöchentliche Umfrage

» Wird dir Volker Beck im Bundestag fehlen?
    Ergebnis der Umfrage vom 05.12.2016 bis 12.12.2016

#1 alexAnonym
  • 10.12.2016, 17:47h
  • Die Vorwürfe wegen der Pädosache sind mehr als ungerecht. Schließlich war es Volker Beck, der die Pädophilen aus der Partei rausgeworfen hat. Warum erkennen das nur so wenige an?
  • Direktlink »
#2 LarsAnonym
  • 10.12.2016, 18:32h
  • Antwort auf #1 von alex
  • Wenn das nicht anerkannt worden wäre, hätte Volker Beck in der Politik nicht die gewichtige Rolle spielen können, die er gespielt hat. In Volker Beck spiegeln sich die ganzen Widersprüchlichkeiten wieder, die bei Persönlichkeiten, die in der Öffentlichkeit iealistisch und moralistisch auftreten, begegnet. Es spricht für Volker Beck, dass er das selber durchaus reflektiert.
  • Direktlink »
#3 PatroklosEhemaliges Profil

Kommentieren nicht mehr möglich
nach oben
Debatte bei Facebook

Newsletter
  • Unsere Newsletter halten Dich täglich oder wöchentlich über die Nachrichten aus der queeren Welt auf dem Laufenden.
    Email: